Fahrplanauskunft für Sehbehinderte

Realisierung der zweiten Stammstrecke und Zuschlag zu den Olympischen Winterspielen 2018 – gibt es ein Junktim?

Für den Freistaat Bayern, die Landeshauptstadt München und die acht umliegenden Verbundlandkreise ist der Bau der zweiten S-Bahn-Stammstrecke das Infrastrukturprojekt mit der höchsten Priorität im Großraum München. An der zeitnahen Realisierung dieser Maßnahme hängt der gesamte weitere Ausbau des Bahnknotens München und damit die Weiterentwicklung einer nachhaltigen Mobilität in der gesamten Region. Die Erfolgsgeschichte des MVV-Verbundsystems kann man mit dem zweiten S-Bahntunnel am besten in die Zukunft fortschreiben.

Der Bundesverkehrsminister stellte in einem Interview in der Süddeutschen Zeitung vom 04.05.2011 einen Zusammenhang zwischen der Realisierung der zweiten Stammstrecke und der Vergabe der Olympischen Winterspiele 2018 her. Diese Äußerungen in den Medien könnten zu falschen Schlüssen führen. Deshalb hält die MVV GmbH folgende Klarstellung für sinnvoll:

  1. Verkehrlich und betrieblich ist die zweite S-Bahn-Stammstrecke unbedingt notwendig und daher möglichst rasch zu realisieren – unabhängig vom Zuschlag für die Olympischen Winterspiele 2018.
  2. Nicht nur für zweieinhalb Wochen im Februar 2018, sondern für die nächsten 40 bis 50 Jahre wird die Ausbaumaßnahme dem Verkehrssystem im Großraum München Vorteile bringen – sie ist langfristig angelegt.
  3. Allerdings sind Olympische Spiele und Ausbau des ÖPNV in München auch untrennbar mit dem Erfolg des öffentlichen Verkehrs verbunden: Die Sommerspiele 1972 waren Startpunkt und Katalysator für eines der bis heute erfolgreichsten Verbundsysteme in Deutschland. Sie haben damals die politischen Entscheidungsträger unterstützt, konsequente Beschlüsse zu fassen und beschleunigt umzusetzen. Auch damals waren die Tunnelbauten umstritten. So wurde anstelle einer U-Bahn eine „Unterpflastertrambahn“ diskutiert. Nicht auszudenken, wo wir stünden, hätte sich dieses Konzept anstelle der Schnellbahnen damals durchgesetzt. Eine Vergabe der Winterspiele für 2018 an München könnte also zu einem vergleichbaren Schwung und einer bundesweite finanzielle Unterstützung des Ausbaus der S-Bahn führen und wäre daher auch unter diesem Aspekt zu begrüßen.Der 2. Tunnel steht unmittelbar vor der Aufnahme in Kategorie A des GVFG-Bundesprogramms. Dieses Programm ist aber hoffnungslos unterfinanziert. Insoweit ist es eher ein Wunschzettel als solide durchfinanziert. Die Projekte werden in Kategorie A „Vorhaben endgültig aufgenommen“, Kategorie B „Vorhaben vorläufig aufgenommen“ oder C „Vorhaben bedingt aufgenommen“ kategorisiert. Für die Aufnahme des 2. Tunnels in Kategorie A wird aktuell ein Antrag durch die DB AG gestellt.
  4. Der 2. Tunnel konkurriert hier aber mit vielen anderen Investitionsprojekten in Deutschland. Vor diesem Hintergrund könnte das nationale Ereignis der olympischen Winterspiele“ ein sehr gutes Argument sein, die Baumaßnahme für München zeitlich zu priorisieren, damit vorzuziehen und mit Sondermitteln auszustatten. Man darf und soll daher das Argument der Spiele für den raschen Bau der zweiten Stammstrecke nutzen – der Zuschlag zu den Olympischen Winterspielen darf aber nicht Bedingung für die Realisierung des Projektes sein. Insoweit gibt es kein Junktim zwischen dem Bau der 2. Stammstrecke und der Entscheidung zur Vergabe der Olympischen Winterspiele 2018.

Nachfolgend nochmals die wichtigsten Argumente pro 2. Tunnel in der Zusammenfassung:

  • Über 800.000 Fahrgästen je Werktag befahren den SPNV im Verbundgebiet – dreimal mehr als für 1972 geplant. Die S-Bahn-Stammstrecke zwischen Ostbahnhof und Pasing ist einer der am dichtesten befahrenen Eisenbahnstrecken in Europa. Die Kapazität ist bereits heute ausgeschöpft, es ist trotz modernster Signaltechnik nicht möglich, noch mehr Züge fahren zu lassen.
  • Die Einwohnerzahlen im Großraum München werden weiter kräftig steigen – da sind sich alle Prognosen einig – und damit auch die Mobilitätsanforderungen. Nachhaltig geht dies nur mit einem gut ausgebauten ÖPNV.
  • Der zweite S-Bahntunnel versetzt München in die Lage, in den kommenden Jahrzehnten die Verkehrszuwächse vor allem im Stadt-Umland-Verkehr aufzunehmen. 
  • Mit dem zweiten Tunnel ist nicht nur eine Ausweitung des S-Bahn-Angebots möglich, neben neuartigen Express-S-Bahnen, die die Außenbezirke schneller mit der City verbinden, ist es denkbar, dass auch Züge aus der Region bis in die Münchner Innenstadt und bis zum Flughafen fahren. Der neue Tunnel wird helfen, die Metropolregion München noch besser zu erschließen.
  • Bei allen Großprojekten gibt es Gegner und Befürworter. Das ist in einer offenen, pluralistischen Gesellschaft normal. Der 2. Tunnel kann aber auf eine beeindruckende Zustimmung bauen. Der bayerische Ministerrat, der Landtag, der Stadtrat der Landeshauptstadt München, die umliegenden Verbundlandkreise, IHK und Handwerkskammer haben für das Projekt votiert. Wichtige Meilensteine in der Planung sind genommen. Jüngst haben Wirtschaftsminister Zeil und Bahnvorstand Dr. Kefer den Bau- und Finanzierungsvertrag unterzeichnet.

MVV-Geschäftsführer Alexander Freitag:
„Das Projekt ist so wichtig, dass die Bezüge und Zusammenhänge den Bürgern deutlich erklärt werden müssen. Die Aussagen des Bundesverkehrsministers in dem eingangs erwähnten Interview versteht der MVV so, dass die Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit des Baus der zweiten Röhre unbestritten ist, die Olympiaentscheidung sich aber dahingehend positiv auswirken könnte, dass eine raschere Realisierung durch die Bereitstellung von finanziellen Sondermitteln möglich wäre. Es geht also im Zusammenhang mit den Olympischen Winterspielen nicht um das „Ob“ oder „Wie“, sondern nur noch um das „Wann“.