Fahrplanauskunft für Sehbehinderte

Zweiter S-Bahntunnel weiter ohne gleichwertige Alternative.

Nordtunnel als weiteres Großprojekt?

Kapazitätserhöhung der Stammstrecke von 30 auf 40 Züge je Stunde je Richtung?

Bekanntlich ist zur Frage Tunnel oder Südring ein Gutachten in Auftrag gegeben worden. Die Ergebnisse sollen im Herbst vorliegen. Der MVV geht davon aus, dass das jetzt beauftragte Gutachten den bereits im Jahr 2001 in einem Gutachten festgestellten Vorteil der zweiten Stammstrecke gegenüber dem Südring erneut bestätigen wird. In den letzten Tagen sind im Zusammenhang mit der Tunneldebatte weitere Facetten in die öffentliche Diskussion eingebracht worden. Der MVV nimmt dies zum Anlass, einige Sachargumente vorzubringen.
Die Herausforderungen zur Sicherung einer nachhaltigen Mobilität und zur umweltgerechten Abwicklung des Verkehrswachstums im Großraum München sind gewaltig. Ziel ist es, den ÖPNV-Anteil am Gesamtverkehrsaufkommen zu erhöhen.

Dafür ist eine attraktive und leistungsfähige S-Bahn zwischen der Landeshauptstadt München und ihrem Umland als Rückgrat des ÖPNV zwingend erforderlich. Jedoch ist die Kapazitätsgrenze der S-Bahn auf der Stammstrecke erreicht. Wurde die Infrastruktur 1972 für 18 Fahrten je Stunde und Richtung für rund 250.000 Fahrgäste konzipiert, müssen heute in den Hauptverkehrszeiten 30 Züge je Stunde und Richtung auf der Stammstrecke mit rund 800.000 Fahrgäste am Tag bewältigt werden. Bereits kleine Störungen haben in Folge des kurzen Zugfolgeabstandes von zwei Minuten bereits Auswirkungen auf die Pünktlichkeit des Gesamtsystems haben.

Eine weitere Erhöhung der Trassenanzahl auf der Stammstrecke kann somit nicht die Lösung sein, sondern würde die Übertragung von Verspätungen und die Folgen von Störungen nur erheblich verschärfen. Über ein technisches System zur Fahrgastlenkung am Bahnsteig wurde bereits im Vorfeld der Einführung des 10-Minuten-Taktes bei der S-Bahn München 2004/05 nachgedacht. Idee war es, durch eine gleichmäßigere Auslastung der Züge eine Verkürzung der Fahrgastwechselzeiten zu erreichen. Hintergrund war auch, dass die damals noch eingesetzten Züge des Typs ET 420 im Gegensatz zum heute eingesetzten ET 423 nicht durchgängig begehbar waren. Jedoch ist der Expertenkreis bereits damals zu der Überzeugung gekommen, dass ein derartiges Leitsystem angesichts des sehr hohen technischen Aufwandes und der zu erwartenden geringen Akzeptanz durch den Fahrgast nicht sinnvoll ist. Statt über unrealistische Möglichkeiten von 40 Zügen je Stunde zu diskutieren, sollte besser mit Druck die Genehmigungsplanung für den 2. S-Bahn-Tunnel abgeschlossen werden.

Wesentlicher Bestandteil dabei ist der schnelle Abschluss der Finanzierungsvereinbarung zwischen DB AG und Freistaat solange das Zeitfenster noch offen ist. Jüngst sind die Regionalisierungsmittel des Bundes durch das Haushaltsbegleitgesetz 2006 gekürzt worden und die Bundesfinanzhilfen des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (GVFG) durch die Föderalismusreform 1 zum Auslaufmodell erklärt worden. Die bisherige Zweckbindung bei den Länderprogrammen im Entflechtungsgesetz ist nur bis einschließlich 2013 gewährleistet und der Auslauf dieser Finanzhilfen ist für Ende 2019 vorgesehen.

Wird nicht jetzt die Finanzierung der 2. S-Bahn-Stammstrecke gesichert, besteht die reale Gefahr, dass bald die notwendigen Gelder nicht mehr zur Verfügung stehen. Dabei wird in der Zukunft nicht weniger, sondern mehr Geld für den ÖPNV gebraucht. In einer aktuellen Studie des Deutschen Städtetags, 13 Bundesländern und des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) wird der Finanzierungsbedarf des ÖPNV bis in das Jahr 2025 ermittelt. So ergibt sich allein ein Nachholbedarf für bis heute nicht ausgeführte Erneuerungsinvestitionen in die Fahrwege und Bahnhöfe der U-Bahnen, Stadt- und Straßenbahnen in Höhe von rund 2,4 Mrd. €. Für turnusmäßige Reinvestitionen werden bis zum Jahr 2025 darüber hinaus jährlich 550 MIO. € benötigt. Der Finanzbedarf für den Betrieb des ÖPNV erhöht sich im genannten Zeitraum von 8,58 auf 9,16 Mrd. €. Im Jahr und der Bedarf an Neuinvestitionen von 1,65 auf 2,03 Mrd. € pro Jahr. Angesichts dieses Finanzierungsbedarfs im ÖPNV sowie der zunehmend leeren Kassen der öffentlichen Hand durch die Finanzkrise erscheint es um so verwunderlicher, dass anscheinend die Planungsidee eines Nordtunnels mit nur auf einer  Grobplanung abgeschätzten Kosten von 2,45 Mrd. € tatsächlich verfolgt wird, während die bereits konkrete Planung zur 2. S-Bahn-Stammstrecke kurz vor der Realisierung in Frage gestellt wird.

Damit das für die wirtschaftliche Entwicklung Münchens elementare S-Bahnsystem zukunftsfähig ausgebaut werden kann, und damit die wachsenden Verkehrsprobleme in der Landeshauptstadt München und in den angrenzenden Landkreisen gelöst werden, muss der S-Bahn-Tunnel jetzt realisiert werden.
Der Südring ist keine Alternative. Die S-Bahn dient der schnellen Beförderung zwischen der Region und der Landeshauptstadt. Die Fahrgäste aus der Region möchten zum aller größten Teil mit der S-Bahn umsteigefrei in die City. Derzeit fahren täglich mit der S-Bahn über 400.000 Fahrgäste bis zu den Stationen Marienplatz, Karlsplatz und Hauptbahnhof. Davon sind 2/3 Ein- und Aussteiger, die im unmittelbaren Umkreis um diese Stationen verbleiben. Lediglich 1/3 sind Umsteige zur U-Bahn. D.h. Fahrgäste in der Größenordnung der Einwohner einer mittleren Großstadt profitieren von der direkten Führung des 2. S-Bahn-Tunnel.
An den Stationen Kolumbusplatz und Poccistraße, die mit dem Südring einen S-Bahnanschluss bekommen sollen, steigen derzeit rund 60.000 Fahrgäste ein bzw. aus. Von diesen haben lediglich rund 6.000 Fahrgäste im weiteren Verlauf ihrer Fahrt die S-Bahn genutzt.

MVV-Geschäftsführer Alexander Freitag:
Auch im Sommerloch müssen sich sowohl Fahrgäste als auch Multiplikatoren im MVV in einer öffentlich geführten Diskussion ein objektives Bild machen können. Der zweite Bahntunnel als das mit Abstand wichtigste Infrastrukturprojekt für München und die Region darf nicht verzögert oder gar zerredet werden. Dies wäre für unseren Raum und die Metropolregion ein schwerer Rückschlag auch im Hinblick auf die Bewerbung zur Winterolympiade. Es ist zu hoffen, dass sich die besseren Argumente für eine auf Ökologie, Ökonomie und soziale Verantwortung ausgerichtete Verkehrspolitik durchsetzen werden.